Der sehnliche Wunsch, sich vom Partner wichtig genommen und endlich „richtig“ verstanden zu fühlen, führt viele Paare in eine Beratungsstelle. Seit mehr als 40 Jahren ist in Löhne die Paar-, Familien- und Lebensberatungsstelle des AWO-Kreisverbandes Herford eine wichtige Anlaufstelle für Menschen aus Enger, Hiddenhausen, Kirchlengern, Löhne, Rödinghausen, Spenge und Vlotho.
Oft wird als Anlass für die Suche nach Hilfe die Entfremdung voneinander durch wiederkehrenden Streit über alltägliche, „banal“ anmutende Themen benannt. „Solche Konflikte können im Zeitverlauf von den Betroffenen emotional aufgeladen, hochexplosiv mit Bedeutung versehen werden. So sehr, dass manchmal in letzter Konsequenz das Fortbestehen der Beziehung in Frage gestellt wird,“ berichtet Barbara Gast-Rosner, Paartherapeutin und Leiterin der der AWO-Beratungsstelle.
In der Paartherapie erkennen die Partner im Idealfall durch gemeinsame Gespräche, dass sich hinter scheinbar alltäglichen Konflikten oft etwas Grundsätzlicheres verbirgt: Die Sehnsucht nach Nähe, Verstanden-Werden und Verbundenheit. Eine gewisse emotionale Abhängigkeit in einer Paarbeziehung wird von vielen Paartherapeuten durchaus als etwas Normales und Sicherheit Gebendes gesehen.
„Insbesondere bei Belastungen und Stress kann die Beziehung idealerweise eine emotionale Basis bieten, von der die Bewältigung der alltäglichen Anforderungen möglich ist“, erklärt Gast-Rosner. „Zentral dafür ist die Erreichbarkeit des Partners für die eigenen Bedürfnisse und Befindlichkeiten. Also, letztlich eigentlich immer die Fragen: Hörst du mich? Siehst du mich? Bin ich dir wichtig?“.
Aus dieser Perspektive können in der Paartherapie wiederkehrende Probleme und -konflikte als wiederholte Verletzungen des Wunsches nach Sicherheit, Nähe und Kontakt verstanden werden. „Um gegen das verlorene Gefühl beim Partner zu ´protestieren´, kommt es im Laufe der Zeit zu Klagen, Vorwürfen und Forderungen. Unbewusst soll darüber aber der Kontakt zum anderen wiederhergestellt werden“, sagt AWO-Paartherapeut Nis Timm
In der Paartherapie wird daher Streit als die verzweifelte Suche nach Wiederherstellung der Verbindung erklärt. Im Grunde versuchen nach diesem Erklärungsmodell also beide Partner, entweder durch Anklagen und Verfolgung oder durch Vermeidung und Rückzug, sich und die Beziehung vor Verletzungen zu schützen. Nur nehmen diese Versuche durch ihre negative wechselseitige Verstärkung häufiger die Form eines Teufelskreises an. In diesem verletzen sich die Partner immer wieder – ohne es zu wollen – aufs Neue.
Timm: „In einer Therapie kann vielen Paaren geholfen werden, dieses negative Muster schrittweise zu erkennen und die beiderseitigen Wünsche in dem Verhalten des Partners zu verstehen. Und das schafft wieder Hoffnung auf gegenseitiges Verständnis und vertrauensvolles Miteinander.“