Kreis Herford, 05.12.2023

AWO-Familienberatung setzt auf Emotion auf dem Weg zu Veränderung

Foto: Landrat Jürgen Müller (l.), der Löhner Bürgermeister Bernd Poggemöller (r.). Awo-Kreisgeschäftsführerin Hilke Meier (2.v.r.) informieren sich in der Paar-, Familien- und Lebensberatungsstelle des AWO-Kreisverbandes Herford über deren Arbeit. Bei der Gelegenheit stellen Nis Timm und Barbara Gast-Rosner mit der Emotionsfokussierten Therapie (EFT) einen neuen Ansatz vor

Foto: Die Paartherapeuten Barbara Gast-Rosner und Nis Timm stellen die Emotionsfokussierte Therapie (EFT) vor. Seit rund acht Jahren sind sie das Team in der Beratungsstelle

Foto: Therapeut Nis Timm erläutert an einem an der Realität orinetierten Beispiel, wie die Emotionsfokussierte Therapie Paaren mit Problemen bei der Lösung helfen kann

Mehr als 40 Jahre gibt es die Paar- und Familienberatungsstelle des AWO-Kreisverbandes in Löhne. Jetzt stellte das Therapeuten-Duo einen neuen Beratungsansatz vor

Seit mehr als 40 Jahren ist die Paar-, Familien- und Lebensberatungsstelle des AWO-Kreisverbandes Herford in Löhne eine wichtige Anlaufstelle für Menschen mit Problemen in der Beziehung, seit inzwischen acht Jahren sind Nis Timm und Barbara Gast-Rosner die Ansprechpartner.

Bisher setzt das Duo wie viele Beratungsstellen auf die systemische Paarberatung und arbeitet nun mit einer neuen Methode, der Emotionsfokussierten Therapie (EFT). Das Duo stellte den Ansatz dem Landrat Jürgen Müller, dem Löhner Bürgermeister Bernd Poggemöller und AWO-Kreisgeschäftsführerin Hilke Meier vor.

„Die Emotionsfokussierte Therapie stellt die Arbeit mit Emotionen in den Mittelpunkt auf dem Weg zur Veränderung“, sagte Barbara Gast-Rosner, Leiterin der Beratungsstelle. In Beziehungen lassen wechselseitige Abhängigkeiten und Bedürfniserfüllungen eine emotionale Bindung entstehen, die Beziehung werde zu einer Art sicherem Hafen. Dabei spielen Emotionen eine wichtige Rolle, und zwar sowohl oberflächliche, die bei Meinungsverschiedenheiten und Konflikten entstehen, aber auch tieferliegende Emotionen und Bindungsbedürfnisse.

„Im Idealfall gibt es in Beziehungen ein Gleichgewicht, das jedoch nicht immer gegeben ist“, sagte Gast-Rosner. Im Falle eines Ungleichgewichtes entstehen zwei Rollen, die des „Verfolgenden“, der das Ungleichgewicht anspricht und damit sein Gegenüber in die Defensive drängen und zum „Flüchtenden“ machen könne. „Unser Ziel ist es, diesen Kreislauf aus Vorwurf und Rückzug zu unterbrechen und wieder eine stabile Bindung im Gleichgewicht zu schaffen“, sagt Gast-Rosner.

„Menschen, die den Weg in die Beratungsstelle finden, wissen von den Problemen und wollen sie überwinden. Im Therapiegespräch erfragen wir zunächst das Verhalten, die Wahrnehmung desselben und die sekundären Emotionen wie Wut, Angst oder Aggression“, sagte Timm. Darunter gebe es primäre Emotionen – etwa eine aus in der Kindheit erlebten Trennung der Eltern erwachsene Bindungsangst – und unbefriedigte Bedürfnisse, etwa das nach Sicherheit. „Diese tiefen Emotionen treiben Handlungen an und liefern dem Teufelskreis immer neue Energie, obwohl beide eigentlich Gutes wollen“, sagte Timm.

Im Gespräch gehe es darum, Muster und die antreibenden Emotionen zu erkennen, und so eine Unterbrechung des Teufelskreises zu erreichen. „Ein erster Schritt ist es bereits, wenn die Menschen, ihre Sicht nicht mehr mir, sondern dem Partner direkt erzählen können“, sagte Timm. Natürlich werde weiter auch das Soziale betrachtet, aber mit der EFT können nun auch Emotionen, die in Konflikten immer eine Rolle spielen, bearbeitet werden. „Echte Veränderung ist nur in der Emotion möglich, das Kognitive allein reicht nicht“, sagte Timm.

Etwa 15 Sitzungen kalkulieren Gast-Rosner und Timm pro Fall ein. Noch gebe es im Bereich Paartherapie keine Warteliste, obwohl es von 2021 bis 2022 einen Anstieg der Fälle von rund 10 Prozent gegeben habe. „Rund 1.500 Ratsuchende haben wir in den vergangenen fünf Jahren betreut“, sagte Gast-Rosner, Leiterin der Beratungsstelle des AWO-Kreisverbandes in Löhne, Schrakampstraße 6.

„Hier werden Menschen beraten, die Probleme haben und Lösungen suchen“, sagte AWO-Kreisgeschäftsführerin Hilke Meier. Landrat Jürgen Müller lobte die inzwischen mehr als 40-Jährige Arbeit der Beratungsstelle als wichtigen präventiven Beitrag, weil an Familien ja oft auch Kinder und Jugendliche hängen, für die eine Trennung gravierende ökonomische und psychische Folgen haben könne. „Probleme in der Familie werden fast immer nach außen getragen und belasten das Umfeld im Beruf oder in der Schule, und das hat Folgen für die Gesellschaft“, sagte Bernd Poggemöller. Daher sei er froh, die Beratungsstelle in Löhne zu haben, zumal das Team Kontinuität in der Beratung biete und wie der neue Ansatz zeige, stets offen für Neues im Dienste ihrer Klienten sei.

Ratsuchende aus dem Kreis Herford - mit Ausnahme von Einwohnern der Städte Bünde und Herford - können sich montags von 9 bis 10 oder donnerstags von 15 bis 16 Uhr unter Tel. 05732 / 6303 ans AWO-Team der Beratungsstelle wenden und einen Gesprächstermin vereinbaren.